Die Soldatenmatrix und andere psychoanalytische Zugänge zur Beziehung von Individuum und Gruppe von Robi Friedman ist ein Sammelband, der psychoanalytische und gruppenanalytische Perspektiven auf das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft beleuchtet. Im Zentrum steht Friedmans Konzept der „Soldatenmatrix“. Damit beschreibt er eine psychosoziale Struktur, die sich in Gesellschaften herausbildet, die durch Krieg, Gewalt und existenzielle Bedrohung geprägt sind. In solchen Gesellschaften kommt es zu einer kollektiven Überanpassung an Macht- und Gehorsamsstrukturen, die das individuelle Empfinden von Scham, Schuld und Empathie zunehmend unterdrücken. Es entsteht ein „soldatenhaftes Selbst“, das sich nicht nur auf tatsächliche Soldaten beschränkt, sondern in viele gesellschaftliche Rollen und Beziehungen hineinwirkt.
Friedman beschreibt, wie diese Matrix über Generationen hinweg weitergegeben wird und dabei kollektive Traumata, Ängste und Abwehrmechanismen formt. Die Erinnerungsarbeit und die Gruppenanalyse bieten ihm zufolge Möglichkeiten, diese tief verankerten Muster aufzubrechen. Gruppen bieten einen Raum, in dem Menschen mit ihren Ängsten, Aggressionen und Verletzungen in Beziehung treten können – insbesondere durch die Arbeit mit Träumen, die Friedman als eine Art Bitte um „Containment“, also Halt und Verarbeitung, versteht. Träume werden dabei nicht als bloß individuelle, sondern als auch gesellschaftlich aufgeladene Botschaften gesehen, die die Gruppe gemeinsam zu tragen und zu deuten versucht.
Friedman betont, dass diese Arbeit nicht ohne Widerstände geschieht. Gruppen durchlaufen Phasen von Abwehr, Projektion und Spaltung, bevor ein tieferer Dialog und ein empathisches Verstehen möglich wird. Diese Prozesse sind auch für den gesellschaftlichen Umgang mit Geschichte von Bedeutung – insbesondere dort, wo Schuld, Scham und Gewalt verdrängt wurden. Friedmans Text ist ein Plädoyer für die Kraft von Erinnerung, Dialog und Auseinandersetzung. Er zeigt Wege auf, wie sich aus einer „Soldatenmatrix“ eine „mitfühlende Matrix“ entwickeln kann, in der Individuen wieder als empfindsame, mitverantwortliche Mitglieder einer Gemeinschaft erlebbar werden. Das Buch richtet sich an Fachleute der Psychoanalyse, Psychotherapie und Gruppenarbeit, ist aber auch für politisch und gesellschaftlich Interessierte eine tiefgründige Lektüre.