Im Schatten des Kommandanten (Originaltitel: The Commandant’s Shadow) ist ein eindringlicher Dokumentarfilm der Regisseurin Daniela Völker aus dem Jahr 2024. Der Film beleuchtet die komplexe Auseinandersetzung mit Schuld, Erinnerung und transgenerationalem Trauma anhand zweier Familiengeschichten, die durch den Holocaust auf tragische Weise miteinander verbunden sind.
Im Mittelpunkt steht Hans Jürgen Höss, der 87-jährige Sohn von Rudolf Höß, dem berüchtigten Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. Er setzt sich erstmals intensiv mit dem grausamen Erbe seines Vaters auseinander. Parallel dazu wird die Geschichte von Anita Lasker-Wallfisch erzählt, einer Überlebenden des Holocaust, die als Cellistin im Mädchenorchester von Auschwitz spielte, sowie ihrer Tochter Maya Lasker-Wallfisch. Der Film bringt diese beiden Familien zusammen und ermöglicht eine Begegnung zwischen den Nachkommen von Täter und Opfer.
Hans Jürgen Höss beschreibt seine Kindheit in Auschwitz als „wirklich schön und idyllisch“, eine Aussage, die die erschütternde Kluft zwischen der Wahrnehmung der Täterfamilien und der Realität des Holocausts verdeutlicht. Erst durch die Konfrontation mit den Aufzeichnungen seines Vaters und die Begegnung mit Anita und Maya Lasker-Wallfisch beginnt er, die Verbrechen seines Vaters zu reflektieren.
Die Dokumentation zeichnet sich durch ihre behutsame Herangehensweise aus und verzichtet auf dramatische Effekte. Stattdessen konzentriert sie sich auf die persönlichen Geschichten und Emotionen der Protagonisten. Die Begegnungen zwischen den Familienmitgliedern sind von Empathie und dem gemeinsamen Wunsch nach Aufarbeitung geprägt.
Im Schatten des Kommandanten wurde von Kritikern als wichtige Ergänzung zu Jonathan Glazers Spielfilm The Zone of Interest angesehen, da er die realen Personen hinter den fiktionalisierten Charakteren zeigt und die psychologischen Mechanismen des Umgangs mit Schuld und Verantwortung beleuchtet.