Die Münchner Kammerspiele präsentieren mit Fremd und Mephisto zwei Inszenierungen, die sich intensiv mit Fragen der Identität, Verantwortung und gesellschaftlichen Positionierung auseinandersetzen.
In Fremd, einem Soloabend basierend auf dem Text von Michel Friedman, verkörpert Katharina Bach die Erfahrungen und Reflexionen des Autors über sein Aufwachsen in Deutschland. Die Inszenierung von Katrin Lindner zeichnet sich durch eine minimalistische Bühnenästhetik aus: Ein schmaler Steg vor geschlossenem Vorhang symbolisiert die Enge und Isolation, die Friedman beschreibt. Der Einsatz von Licht und Raum verstärkt das Gefühl der Ausgrenzung und macht die inneren Konflikte des Protagonisten für das Publikum unmittelbar erfahrbar. Diese konzentrierte Darstellung lenkt den Fokus ganz auf den Text und die eindringliche Performance der Schauspielerin.
Mephisto, inszeniert von Jette Steckel, adaptiert Klaus Manns Roman über den Schauspieler Hendrik Höfgen, der im nationalsozialistischen Deutschland Karriere macht. Die Inszenierung nutzt starke visuelle Symbole, wie etwa eine Maske mit hakenkreuzförmigen Augenbrauen, um die moralische Ambivalenz und den Opportunismus der Hauptfigur zu unterstreichen. Das Bühnenbild von Florian Lösche und die live gespielte Musik von Elias Krischke schaffen eine Atmosphäre, die die innere Zerrissenheit und die äußere Anpassung des Protagonisten reflektiert. Diese moderne Umsetzung betont die zeitlose Relevanz der Thematik und regt zur Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Einzelnen in autoritären Systemen an.
Beide Produktionen demonstrieren eindrucksvoll, wie Theater im digitalen Zeitalter durch konzentrierte Inszenierungen und starke schauspielerische Leistungen gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen und zur Diskussion stellen kann.